Worauf es in der Klimakrise ankommt: Demokratie, Freiheit und Soziales im heißen Zeitalter

Luxemburg hat gewählt. Erneut! Es ist noch nicht lange her, da buhlten Altparteien und ebenso neue Gruppierungen um die größten Stimmenanteile der wahlberechtigten Luxemburger. Dabei sind diese nach Corona, Energiekrise und Inflation müde und leidgeplagt. Wer hat noch Lust auf Krisenmodus im Jahr 2023?

Dabei sind jetzt gerade die entscheidenden Jahre, um noch etwas gegen die vermeintlich größte aller Aufgaben zu tun. Die Klimakrise! Jedoch spielte das Klima bei vielen Parteien und Wählern lediglich eine untergeordnete Rolle im Wahlkampf. Dies lässt sich vor allem (aber nicht nur) am Wahlresultat der Grünen erkennen. Leider löst sich ein Problem nicht in Luft auf, nur wenn man es allzu gerne verdrängen möchte. Denn die Alarmsignale könnten nicht eindeutiger sein. Ein Rekordsommer jagt den nächsten. Hitzerekorde fallen nacheinander (Tagesschau, 2023). Der Süden Europas hat in diesem Jahr wortwörtlich gebrannt. Nur um dann, wie im Falle Griechenlands, Wochen später im Starkregen zu versinken. Dabei ist dies nur ein Vorgeschmack auf das, was uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bevorsteht (alpha, 2023).

Jonas Schaible hat es in seinem rezent erschienenen Buch, Demokratie im Feuer (Spiegel Verlag) treffend beschrieben. Wir erleben derzeit die extremsten Sommer unseres Lebens. Dabei wird „der letzte oder vorletzte Sommer wahrscheinlich der normalste der nächsten Jahrzehnte sein“ (Schaible, 2023). Diese Tatsache allein sorgt dafür, dass wir die Klimakrise als etwas überaus Abstraktes wahrnehmen. Wir können uns schlicht nicht vorstellen, dass das Extreme zur Normalität wird. Nur bringt allein die Erkenntnis darüber uns als Gesellschaft in der Sache nicht wirklich weiter. Es ist an der Zeit, die Klimakrise als etwas zu begreifen, das ihrem Ausmaß gerecht wird.

Um die Komplexität und die Vielschichtigkeit des Problems zu veranschaulichen, lohnt ein näherer Blick auf das demokratische System, welches den Klimawandel oft noch befeuert. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie viel unsere liebgewonnene Freiheit in einer wärmer werdenden Welt noch zählt. Und was bedeutet die Klimakrise für den gesellschaftlichen Zusammenhalt?

Macht Demokratie die Welt wärmer?

Das Superwahljahr neigt sich dem Ende zu. Eines ist dabei sicher: Die Hauptrolle spielte die Klimakrise darin sicherlich nicht. Sollten jedoch nicht gerade im oft zitierten Superwahljahr die Parteien mit konkreten und realistischen Lösungsmöglichkeiten für eine solche Mammutaufgabe werben?

Dem ist leider nicht so, denn mit Klimapolitik allein lassen sich keine Wahlen gewinnen. Und gerade hier zeigt sich eine der großen Schwachstellen unseres Systems. Langfristige Emissionsziele, nachhaltiges Wachstum oder Investitionen in Projekte, die erst in einigen Jahren oder gar Jahrzehnten ihren Nutzen bringen, sind nicht besonders attraktiv bei der Wählerschaft. Schlimmer noch: Politiker, die Gelder für Reparaturzahlungen nach Umweltschäden bereitstellen, sind beliebter als jene, die finanzielle Mittel für Präventionsprogramme ausgeben (Schaible, 2023).

Die Politik denkt leider viel zu oft in Legislaturperioden und ohne genügend Weitsicht. Eine solche Politik kommt in Anbetracht der Klimakrise einem Todesurteil gleich. Unser Zögern von heute wird uns erst in einigen Jahren zum Verhängnis. Dabei soll gerade die repräsentative Demokratie dem Bürger das Treffen großer und komplexer Entscheidungen abnehmen. Sind also die Politiker an allem schuld?

Dies hört man oft im Zuge der Unfähigkeit von Demokratien, der Klimakrise etwas entgegenzusetzen. Jedoch sollte eines nicht vergessen werden. Demokratie ist ein zweischneidiges Schwert. In Luxemburg besteht seit über 100 Jahren die Wahlpflicht. Jeder erwachsene Staatsangehörige (mit einigen Ausnahmen) ist verpflichtet, seine Stimme abzugeben. Damit ist man indirekt gezwungen, sich aktiv für oder gegen etwas zu entscheiden. Was früher noch Anreiz war, um auf die Straße zu gehen und sein Recht einzufordern, wird heute von vielen als Zumutung empfunden. Dabei sorgt diese Regelung für etwas, was der Meinung einiger nach viel zu selten passiert: Es nimmt uns Bürger in die Pflicht!

Es scheint, als ob Demokratie und Wohlstand viele von uns bequem gemacht hätten. Unsere demokratische Gesellschaft wird viel zu oft als Selbstbedienungsladen wahrgenommen. Das Erfüllen der kurzlebigen eigenen Interessen hat oberstes Gebot, wobei der Bürger selbst am liebsten gar nichts für die Gemeinschaft (ohne Gegenleistung) zu tun gedenkt. Dabei sind umtriebige, informierte und interessierte Bürger genau das, was es braucht, um die Politik aus ihrem Handlungsunfähigkeitsparadoxon zu befreien. Dieses „egoistische“ Denken des „Homo Oeconomicus“ ist nicht zwangsläufig neu. Jedoch ist dies im Hinblick einer Krise, die unsere eigene Zukunft durch das jetzige Nichthandeln in Frage stellt, ein riesiges Problem.

Dabei kann eine Demokratie nur funktionieren, wenn die Regierten die Regierenden herausfordern, anspornen und konfrontieren. Passiert dies nicht, verliert die Demokratie ihre Legitimität, da sich so eine politische Klasse bildet, die unbehelligt nur ihren eigenen Interessen nachgeht. Dies ist gerade beim Handlungsdruck in Anbetracht der Klimakrise problematisch. Bürger müssen sich aktiv in die Politik und die Gesellschaft einmischen und die Parteien auffordern, Lösungsansätze anzubieten (die der Wissenschaft gerecht werden). Parteien sind wiederum gezwungen zu liefern, um nicht bei den nächsten Wahlen abgestraft zu werden.

Was kann man dem Wähler also anbieten, um seine Gunst zu erlangen bzw. sie nicht zu verlieren? Dies ist oft das gängige Denkmuster der Parteien. Im klassischen Konkurrenzdenken um eine begrenzte Anzahl an Wählerstimmen ist dies weder abwegig noch zu verurteilen. Jedoch ist nicht alles, was notwendig, gut und richtig im Sinne des Klimas ist, für den Wähler auch kurzfristig befriedigend. Wäre jedoch der Bürger in dem Maße über die verheerenden Konsequenzen der Klimakrise ausreichend aufgeklärt, wäre dieser in einem viel größeren Maße im Stande effektive Klimapolitik zu akzeptieren. Mehr noch, er könnte mehr Druck auf seine gewählten Vertreter ausüben, welche wiederum freiere Entscheidungen treffen, die das Klima langfristig schützen und somit auch den Wähler. Braucht es also mehr Bildung der Bürger, um endlich die nötige Geschwindigkeit in die Klimapolitik zu bekommen?

Eine solche These unterschätzt jedoch die Komplexität der Fragestellung. Ein klimafreundliches Leben muss man sich teilweise leisten können. Wärmepumpen, E-Autos oder Biolebensmittel sind nicht übermäßig beliebter bei Topverdienern, oder bei Menschen mit einem höheren Bildungsgrad. Im Gegenteil, viele Menschen der sogenannten Unterschicht würden gerne ein nachhaltigeres Leben führen. Jedoch kommt beim täglichen Abwägen der direkten und akuten Bedürfnisse die Biotomate aus dem regionalen Ökoladen nicht an erster Stelle. In einem Land, wo fast 20 % der dort arbeitenden Personen von Armut betroffen oder bedroht sind, stellt sich die Frage des nachhaltigen Lifestyle immer seltener (Statec, 2022). Dabei steht nicht nur allein das Einkommen im Vordergrund.

Die Psychologie hat schon vor langer Zeit herausgefunden, dass der Mensch nur auf einige wenige Dinge gleichzeitig fokussieren kann. In vorderster Stelle stehen die Dinge, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden. Früh aufstehen, die Kinder zur Kita bringen, zur Arbeit fahren, die Kinder wieder abholen, einkaufen, putzen, kochen, die Kinder zu Bett bringen, sich auf den nächsten Tag vorbereiten. So sieht der Alltag vieler arbeitender Menschen aus, nicht nur in Luxemburg.

Zu erwarten, dass diese Menschen sich dann noch Zeit nehmen sollen, um sich für die bislang größte Krise der Menschheit zu interessieren, scheint realitätsfern und ignorant. Die Annahme, dass durch reine Bildung in Sachen Klima und Nachhaltigkeit das Problem gelöst sei, scheint also widerlegt, da sie an der Lebensrealität vieler Menschen vorbeigeht.

Aber wie überhaupt kann es gelingen, Menschen von wirksamer Klimapolitik zu überzeugen, solange ein jeder von uns frei ist zu tun, was er will, auch wenn es noch so klimaschädlich ist?

Verbote für Freiheit

Der Freiheitsbegriff findet in der Politik viel Bedeutung und Anerkennung. Seit diesem Jahr gibt es sogar Parteien, die sich allein dessen Verteidigung plakativ auf die Fahne geschrieben haben. Die Freiheit ist der Grundpfeiler unserer westlichen Welt. Dabei wird der Begriff oft auf viele verschiedene Weisen interpretiert. Besonders im Zuge der Klimakrise und den Folgen für die Gesellschaft und die zukünftigen Generationen spielt der Begriff eine zentrale Rolle. Aber wie frei sind wir noch in einer 2-, 3- oder 5-Grad-Welt?

Jeder ist im Grunde frei zu tun und zu lassen, was er will, solange er dabei nicht die Freiheiten eines Anderen einschränkt. Kurz gesagt: Meine Freiheit hört dort auf, wo die des anderen anfängt. Dies ist eine gängige Definition des Freiheitsbegriffs. Hier fangen jedoch die Fragen an. Ab wann schränkt meine Freiheit die meiner Mitmenschen ein? Wer sind eigentlich meine Mitmenschen? Alle in Luxemburg lebende Menschen? EU-Bürger? Menschen die in Drittweltländern leben? Was ist mit meinen Enkeln oder Urenkeln? Genauso komplex wie der Freiheitsbegriff und dessen Definition sind auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben können.

Wenn man auf die Idee kommen würde, seinen Abfall ganz dreist und ungeniert beim Nachbarn in den Garten zu schütten, würde es vermutlich nicht lange dauern bis dieser wütend an der Tür klingelt. Bei der Klimakrise verhält sich dies ganz anders. Emissionen lassen sich nicht einfach wegbaggern oder mit einem Laster abtransportieren. Sie sind unsichtbar und überall auf dem Erdball verteilt. Anders als beim Müll auf dem Grundstück meines Nachbarn kann ich auch nicht in dem Maße zur Rechenschaft gezogen werden. Wo kein Müll sichtbar ist, fällt es erst einmal schwer, jemanden dafür zu belangen. Ein großangelegtes System, in dem das direkte Emittieren von CO2 oder Methan bestraft wird, gibt es nicht. Was hat dies jedoch mit Freiheit zu tun?

Wie schon erwähnt ist prinzipiell alles erlaubt, was nicht verboten ist. Ein energieintensiver und somit kohlenstoffreicher Lebensstil mag vielleicht moralisch verwerflich sein, jedoch nicht legal zu beanstanden. Wie kann man also den Milliardär zur Kasse bitten, der dutzende Male im Jahr mit dem Privatflieger unterwegs ist? Es braucht eine CO2-Steuer! So die oft genannte Lösung. Dabei gibt es diese Steuer bereits in vielen Ländern. Jedoch ist die sich daraus ergebende Lenkwirkung minimal, da sie (noch) zu niedrig angesetzt ist.

Allerdings birgt eine solche Maßnahme erheblichen sozialen Sprengstoff. Werden in Zukunft nur die Reichen Fleisch essen können, mit dem Flieger unterwegs sein oder mit E-Fuels herumfahren? Vielleicht. Denn die Tatsache, dass Wohlhabende sich immer (fast) alles leisten können, vermag auch die Klimakrise nicht zu verändern, und hat mit ihr eben so wenig zu tun. Und doch kann eine CO2-Besteuerung (die den Namen wirklich verdient) zu erheblichen gesellschaftlichen Verwerfungen führen. Trotzdem wird eine lenkfähige Taxierung der Emissionen kommen müssen, denn wir sind dazu verdammt. Solange man klimaschädliches Verhalten nicht verbietet oder die großen Emittenten zur Kasse bitten kann, ist das Befeuern der Klimakrise nur moralisch zu beanstanden, da jeder frei ist zu tun und zu lassen, was er persönlich für richtig befindet. Aber ab wann ist ein Gramm CO2 in der Luft zu viel? Ab wann ist der Klimawandel schuld, dass mein Haus zerstört wurde?

Genau hier liegt ein weiteres Problem. Klimasysteme sind komplex. Den genauen Anteil der vom Menschen ausgelösten Klimakrise an einem Wetterextrem oder einer Naturkatastrophe auszumachen, ist extrem schwierig zu ermitteln. Dies macht Schuldzuweisungen extrem kompliziert. Oder doch nicht? Die Wissenschaft kann sehr genau errechnen, wie viel CO2 seit Anbeginn der Industrialisierung in die Luft geblasen wurde.

Dabei fällt auf, dass, historisch gesehen, der globale Westen (USA & EU) für fast die Hälfte aller Emissionen verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass diese Länder in hohem Maße wirtschaftlich von der fossilen Energie profitiert haben. Zugegebenermaßen verschiebt sich das Bild heute gen Südostasien, jedoch tragen wir unwiderruflich das Erbe des fossilen Westens mit uns. Inwiefern spielt dies eine Rolle, wenn es um Klimagerechtigkeit geht?

Der Begriff Klimagerechtigkeit kann im Grunde auf 2 Weisen interpretiert werden. Auf der einen Seite gibt es Menschen, deren Leben jetzt gerade existenziell durch die Klimakrise bedroht ist. Sehr oft betrifft dies Menschen, die tendenziell sehr wenig Anteil am Klimawandel tragen. Beispielsweise Menschen, die von Dürren in der Subsahara Region betroffen sind (Hoffmann, 2023). Oder Familien, die in Bangladesch unfreiwillig zu Nomaden wurden, da der Meeresspiegel immer weiter steigt und das Meer immer weiter ins Landesinnere drückt (Bhuiyan, Siddiqui, 2022). Oder auch Menschen in Regionen, bei denen es einfach jetzt schon zu heiß ist um sich draußen aufzuhalten.

Was können diese Menschen tun, um Gerechtigkeit zu erfahren? Sofern dies überhaupt in irgendeiner Weise möglich ist. Bereits jetzt gibt es Klimaklagen am internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (Giggi Deppe, 2023). Einige Inselstaaten streiten in Hamburg beim internationalen Gerichtshof für Seerecht (NDR, 2023). Doch das Einklagen seiner Rechte auf Freiheit und Unversehrtheit gegenüber einzelner Staaten ist meist ein schwerer und steiniger Weg. Anders verhält es sich bei Klagen für die zukünftigen Generationen.

Die mediale Aufmerksamkeit war groß, als Fridays for Future Aktivistin Luisa Neubauer mit ihren Gefolgsleuten einen historischen Sieg vor Gericht landete. Die höchste deutsche Rechtsprechung hat verkündet, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise nicht ausreichend seien. Interessant ist dabei jedoch die Argumentation. Die unzureichenden Emissionsminderungsziele betreffen „praktisch jegliche Freiheit, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden sind“ (Deutschlandfunk, 2021). Aus dieser Argumentation ergibt sich die Verpflichtung, nicht nur aktuelles Leben zu schützen, sondern auch zukünftiges.

Diese Erkenntnis bezieht sich dabei nicht nur auf Deutschland. Mitte August bekamen junge Klimaaktivisten im Bundesstaat Montana vor einem US-Gericht recht. Im Hinblick auf geplante Öl- und Gasprojekte klagten sie für ihr „Recht auf eine saubere und gesunde Umwelt“ (Süddeutsche, 2023). Das Gericht stellte fest, dass der Staat durch den geplanten Abbau fossiler Energieträger das zuvor genannte Recht verletzen würde. Absolutes Neuland in den Vereinigten Staaten.

Es gibt also durchaus die Möglichkeit, die Freiheit auf grenzenlose Emissionen zum Schutz anderer oder zukünftiger Emissionen einzuschränken. Freiheit hat also Grenzen. Es bedarf sogar in einigen Fällen Verbote oder Beschränkungen der eigenen Freiheit, um zukünftige Freiheiten nicht zu beschneiden. Jedoch bleibt die Klimakrise ein globales Problem. Selbst wenn regionale oder nationale Gerichte vereinzelt Erfolge für das Klima und die Freiheit der zukünftigen Generationen erringen, bleibt die ausschließlich nationale Gerichtsbarkeit ein zahnloser Tiger. Schlimmer noch, wenn wir sie nicht in den Griff bekommen, droht der Kollaps der Gesellschaftsordnung, wie wir sie kennen.

Im gleichen Sturm, jedoch nicht im gleichen Boot

Der soziale Aspekt von Lenkungsinstrumenten wie der CO2-Steuer wurde schon erläutert. Doch lohnt es sich vor allem gezielt die Auswirkungen der Klimakrise auf unterschiedliche gesellschaftliche Schichten zu analysieren. Welche Auswirkungen hat die Klimakrise für sozial Benachteiligte hier in Luxemburg?

Man muss sich zuerst einmal ansehen, wie sich die Klimakrise in Luxemburg auswirken wird. Bereits jetzt ist deutlich erkennbar, dass die Hitze im Sommer deutlich zugenommen hat. Dieses oft subjektive Gefühl lässt sich auch durch Zahlen belegen. Am härtesten trifft dies Menschen, die im Freien arbeiten. Bauarbeiter oder Landschaftsgärtner ächzen jetzt schon unter den Temperaturen. Auch wenn sich die meisten von ihnen in den heißesten Wochen im Kollektivurlaub befinden, sind Temperaturen im Juni oder September von über 30 Grad keine Seltenheit. Dies betrifft vor allem Menschen, die sozial benachteiligt sind. Leute mit höheren Schulabschlüssen arbeiten meist in Büros oder profitieren von klimatisierten Räumen. Hier schließt sich erneut der Kreis zum Luxemburger Demokratiedefizit. Viele dieser Arbeitnehmer, die unter diesen Bedingungen jetzt schon leiden, sind aufgrund ihrer Nationalität nicht wahlberechtigt und finden im Luxemburger System schwerer Gehör.

Dabei ist übermäßiger Hitze ausgesetzt zu sein durchaus gefährlich. Wir vergessen oft, dass Hitze besonders für ältere Menschen oder Personen mit Vorerkrankung zu einer Bedrohung werden kann. Tage mit extremer Hitze führen regelmäßig zu Übersterblichkeit (RKI, 2023). Dies betrifft meistens Menschen in Alters- und Pflegeeinrichtungen, da diese aus Kostengründen meist keine klimatisierten Räume haben. Besser geschützt sind Menschen, die die finanziellen Mittel aufbringen können, um sich Klimaanlagen zu leisten (Tagesspiegel, 2022). Doch Hitzetote sind dabei nur die Spitze des Eisberges, wenn es um Auswirkungen der Klimakrise geht.

Als im Sommer 2021 die sogenannte Jahrhundertflut über das Ahrtal hereinbrach, wurden Deutschland und Europa Zeuge der massiven Verwüstungskraft der Natur. Die Anteilnahme in Politik und Zivilgesellschaft war überwältigend. Den Überlebenden der Katastrophe wurden hohe Entschädigungen in Aussicht gestellt. Dies ist ein einmaliger Akt der Solidarität und der Zwischenmenschlichkeit. Jedoch offenbart das Unglück im Ahrtal ein weiteres Problem. Wer wird in Zukunft für entstandene Schäden durch Wetterextreme aufkommen? Versicherungen? Der Staat? Eigens errichtete Solidaritätsfonds für Opfer des Klimawandels? Oder die Betroffenen selbst?

Verheerende Wetterereignisse werden in naher Zukunft zunehmen. Doch nicht nur das, auch das Potential ihrer Zerstörung. Was bedeutet dies für unser gesellschaftliches Zusammenleben? Im Falle des Ahrtals haben Bund und Länder 30 Milliarden Euro genehmigt um den Wiederaufbau der betroffenen Gebiete zu unterstützen (John, 2023). Die Frage in der Zukunft wird nicht sein, wie viel Geld die nächsten Opfer von Flutkatastrophen oder Waldbränden zugesprochen bekommen, sondern ob ein Staat sich dies auf absehbare Zeit überhaupt leisten kann. Die Politik verfügt über begrenzte finanzielle Mittel. Prioritäten setzen und Entscheidungen treffen, wo das Geld am meisten gebraucht wird, ist genau deren Aufgabe. Auf Dauer wird sich die Kompensation von Umweltschäden aber kein Staat leisten können.

Umweltkatastrophen haben das Zeug, die Gesellschaft zu spalten. Wenn sozial Benachteiligte in Gebieten leben, die stärker von Wetterextremen wie Fluten bedroht werden und dabei irgendwann keine Entschädigungen mehr zu erwarten haben, kann dies zu großen sozialen Verwerfungen führen. Dies ist der perfekte Nährboden für Populismus und extreme Ränder. Dabei sind es gerade die Populisten, die die Gefahren der Klimakrise systematisch herunterspielen oder gar leugnen. Der klare Appell an die Politik muss also lauten, es nicht so weit kommen zu lassen. Denn kein Klimaschutz ist auf lange Sicht viel teurer als jetzt Maßnahmen zu ergreifen. Und die Leidtragenden sind meist sozial Benachteiligte, und letztendlich unsere demokratische Grundordnung.

Literaturverzeichnis

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Bhuiyan, Siddiqui. (17. Dezember 2022). Bundeszentrale für politische Bildung. Von Klimabedingte Migration in Bangladesch: https://www.bpb.de/themen/migration- integration/laenderprofile/516045/klimabedingte-migration-in-bangladesch/

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Giggi Deppe, O. N. (27. September 2023). tagesschau.de. Von Sechs Jugendliche gegen 32 Staaten: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/egmr-klimaklagen-100.html

Hoffmann, H. (14. Juni 2023). Spiegel. Von Jetzt merkt ihr’s auch: https://www.spiegel.de/ausland/klimakrise-in-afrika-jetzt-merkt-ihr-s-auch-a-81b843e9-df20-4de3-82ab-f91c905a1b49

John, A. (15. September 2023). Tagesschau. Von Katastrophe auf Wiedervorlage?: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/flutkatastrophe-ahrtal-102.html

NDR. (11. September 2023). NDR. Von Anstieg des Meeresspiegels beschäftigt Seegerichtshof in Hamburg: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Anstieg-des-Meeresspiegels-beschaeftigt-Seegerichtshof-in-Hamburg,seegerichtshof222.html

RKI. (15. September 2023). Wochenbericht zur hitzebedingten Mortalität. Von https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/H/Hitzefolgekrankheiten/Bericht_Hitzemortalitaet.html

Schaible, J. (2023). Demokratie im Feuer. Hamburg: Spiegel Buchverlag.

Statec. (14. Oktober 2022). Fast jeder fünfte Luxemburger ist von Einkommens-Armut gefährdet. Von Luxemburger Wort: https://www.wort.lu/wirtschaft/fast-jeder- fuenfte-luxemburger-ist-von-armut-gefaehrdet/1180674.html

Süddeutsche. (15. August 2023). Süddeutsche. Von Erfolg für junge Kläger: Montana verletzt Recht auf saubere und gesunde Umwelt: https://www.sueddeutsche.de/politik/montana-klimakrise-gericht-jugendliche-umwelt-1.6128977

Tagesschau. (6. September 2023). Tagesschau. Von Ein neuer Hitzerekord – der nicht lange halten dürfte: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-klimawandel-sommer-100.html

Tagesspiegel. (19. Juni 2022). Tagesspiegel. Von Patientenschützer alarmieren, Heimbewohner sind Hitze oft schutzlos ausgeliefert: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/heimbewohner-sind-hitze-oft-schutzlos-ausgesetzt-5148523.html