Di ekologesch an di sozial Froen sinn 2 Säiten vun enger Medaile – en Appell fir se och gemeinsam unzegoen!

Die Einführung von Ökosteuern als Umweltinstrument wurde bereits in den Wahlversprechen der Parteien Luxemburgs und formal in der Regierungserklärung vom 22. Juli 1994 festgehalten.

Der Mouvement Ecologique veröffentlichte seinerseits 1993 eine 12-seitige Publikation mit dem Titel: „Oeko-Steieren: een Instrument fir eng Ökologiséierung vun der Wirtschaft“. Zwei zentrale Anregungen im Dokument, die heute noch aktuell sind, waren: Anwendung des Verursacherprinzips („Ëmweltschounend Verhalen gëtt belount – ëmweltbelaaschtend bestrooft“) sowie die Berücksichtigung der Sozialverträglichkeit („Oeko-Steieren: d’Sozialtverträglechkeet ass méiglech!“). Als sozialer Ausgleich wurde dabei das System des „Oekobonus“ (Rückerstattung eines pauschalen Betrages an alle) vorgeschlagen, damit finanzschwächere Haushalte im Verhältnis zu den Ausgaben und dem Einkommen eine relativ höhere Entschädigung erhalten sollten als finanzstärkere.

Eine Reihe fachlicher Gutachten (Umwelt- und Prognoseinstitut Heidelberg e.V., 1994; Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, 1998; Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln, 2003; Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), 2016) und andere mehr folgten.

Was hat sich in diesen über 30 Jahren jedoch in der Praxis im Sinne einer Ökologisierung des Steuersystems getan? Abgesehen von einer äußerst bescheidenen (aber wichtigen) CO2-Steuer und der endlich reell zur Diskussion stehenden Grundsteuerreform, wobei noch kein Gesetzesprojekt vorliegt: leider nichts!

Angesichts der nicht mehr ignorierbaren Klimaveränderungen, der durch die COVID-Krise und den Krieg gegen die Ukraine immer offensichtlicher werdenden Ressourcenknappheit, der zunehmenden sozialen Ungerechtigkeit und vielen anderen Krisen wagt es wohl kaum noch einer, sich offen gegen eine stärkere Besteuerung von Umwelt- und Ressourcenverbrauch auszusprechen. Eine klare Ablehnung von Umweltsteuern ist nicht mehr „in“, deren Verhinderung erfolgt jedoch etwas subtiler. Die Reform wird schlichtweg immer wieder ausgesetzt und die hemmenden Diskussionspunkte auf die lange Bank geschoben. Den „sozialen Frieden“ scheint man sich auf Kosten der Lebensgrundlagen von den heutigen und von zukünftigen Generationen erkaufen zu wollen.

Die nachhaltige Steuerreform: Vorbild Stadtbahn?

Die moderne Stadtbahn, deren Idee ebenfalls im Rahmen einer Studie u.a. des Mouvement Ecologique in den 90er Jahren (!) geboren wurde (1), ging immerhin vor gut fünf Jahren – nach mehr als 20 Jahren – in Betrieb. Man braucht einen langen Atem, damit zukunftsweisende Ideen, die einen gewissen Paradigmenwechsel beinhalten, Wirklichkeit werden, so ein Duktus bei der Einweihung der Stadtbahn. Aber nun fährt sie endlich. Kaum einer würde sie wohl auch noch missen wollen. Längst vergessen scheinen die „Argumente“ zu sein, die hartnäckig von Gegner:innen gegen die Stadtbahn während Jahrzehnten vorgeführt wurden. Kaum jemand bekannt sich auch noch dazu, ein/e Opponent:in gegen das Projekt gewesen zu sein. Heute scheint es vielmehr ein Ringen darüber zu geben, wie und wo die moderne Stadtbahn zuerst ausgebaut werden soll.

In einem gewissen Sinne besteht ein Parallelismus zwischen den Kräften gegen die Einführung der Stadtbahn und jenen gegen die nachhaltige Steuerreform. Was beide Diskussionen auszeichnet, ist: ein gewisser Handlungsbedarf wurde jeweils gesehen, aber am „Alten“ festzuhalten, scheint so viel bequemer und jeden „ze arrangéieren“. Das Beharren an einer autozentrischen Verkehrspolitik, an einer Gestaltung des öffentlichen Raumes, der für öffentlichen Transport und aktive Mobilität nur enge Nischen zur Verfügung stellt, dem Irrglauben, die Luxemburger:innen würden nur dem Götzen des motorisierten Individualverkehrs folgen und die moderne Stadtbahn nicht benutzen… all jene Einwände verzögerten die Entscheidung zu ihrem Bau. Welch ein Trugschluss im Nachhinein.

Positiverweise hat sich die Stadtbahn und ein gewisser Paradigmenwechsel im Mobilitäts- und teilweise auch im urbanistischen Bereich letztlich durchgesetzt.

Ähnliches müsste bei der Steuerreform nunmehr gelten: Eine Diskussion darüber müsste stattfinden können, ob die Allgemeinheit wirklich den Ressourcen- und Umweltverbrauch aller – und noch stärker bestimmter Teile der Gesellschaft – finanzieren soll, ob sich die Frage der Verteilungsgerechtigkeit nicht auch verstärkt in einer Gesellschaft wie unserer stellt u.a.m. Die sozial-ökologische Transition, ein Imperativ in Zeiten von ökologischen und sozialen Missständen, ist nicht möglich, ohne veraltete Denkmuster zu hinterfragen und neue Richtungs- und Werteentscheidungen zu treffen.

Dabei ist ein weiterer Aspekt interessant: Seit Beginn der Diskussionen über die moderne Stadtbahn stand immer eine Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Konzept. Allzu viele politische Entscheidungsträger ignorierten diese Tatsache. In Umfragen befürwortet heute auch die Mehrheit der Bevölkerung eine nachhaltige Steuerreform. Dass die Umweltbelastung und der -verbrauch stärker besteuert, Arbeit / Soziales weniger besteuert werden soll, ist für die große Mehrzahl der Einwohner:innen nur logisch. Leider mündet auch heute diese starke Unterstützung der Bevölkerung nicht in konkretem politischem Handeln.

Die nachhaltige Steuerreform ist im Gegensatz zur Stadtbahn derzeit noch in weiter Ferne. Dabei wäre ihre Einführung wohl ähnlich erfolggekrönt.

Nachhaltige Steuerreform nur in krisenfreien Zeiten? Das bedeutet deren Aus!

In der vorherigen Legislaturperiode der Gambia-Regierung wurde als Argument für fehlendes Handeln u.a. angeführt, es fehle an Daten und Berechnungen, die als sachliche Basis für eine ausgereifte Steuerreform notwendig gewesen wären und deren Erstellung benötige Zeit (diese Daten liegen auch zum Ende der zweiten Legislaturperiode der blau-rot-grünen Koalition scheinbar immer noch nicht vor). In der aktuellen Legislaturperiode müssen u.a. die Corona- und Energiekrisen als Gründe für die Tatenlosigkeit herhalten.

Der Duktus, Krisen würden keine Durchführung einer nachhaltigen Steuerreform erlauben, ist jedoch ein Irrweg. Denn wer geht heute noch ernsthaft davon aus, dass in einigen wenigen Jahren alle Krisen überstanden sein und wir krisenfrei dastehen werden? Das Gegenteil wird der Fall sein: alles deutet darauf hin, dass sich bestehende Krisen (Klima- und Biodiversität) verschärfen und neue hinzukommen werden (u.a. Klimaflüchtende).

„Die soziale Marktwirtschaft funktioniert nicht mehr…“, so die Analyse eines stetig zunehmenden Kreises an Wirtschaftsexperten wie z.B. Prof. Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Preiswahrheit und Lenkung durch Steuern seien notwendig, so u.a. die Forderungen.

Zitiert sei auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in 2021: „Klimawandel, Luftverschmutzung, Überdüngung, Plastikmüll oder Staus verursachen jährlich erhebliche Folgekosten für die Gesellschaft. Fachleute des Kopernikus-Projekts Ariadne haben jetzt erstmals die Kosten verschiedener Umwelt- und Gesundheitsschäden für Deutschland heruntergebrochen – ihre Schätzungen gehen von mehr als 13 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Durch Umwelt- oder Lenkungssteuern können diese Schäden als Kosten den Verursachern angelastet werden und damit starke Anreize für nachhaltigeres Wirtschaften gesetzt werden. Mit den zusätzlichen Einnahmen in der Größenordnung von 348-564 Milliarden Euro können andere Steuern gesenkt werden, um Bürgerinnen und Bürger erheblich zu entlasten und einen sozialen Ausgleich herzustellen.

Schon 1920 hat der britische Wirtschaftswissenschaftler Arthur Pigou dargelegt, wie sich der wirtschaftliche Wohlstand durch die Bepreisung externer Kosten optimieren lässt: Dabei wird zum Beispiel der Ausstoß von Schadstoffen mit einer Steuer belegt, die der Höhe der gesellschaftlichen Folgekosten entspricht. Während die effiziente Reduktion von Umweltschäden im Vordergrund steht, wird durch die Bepreisung noch ein positiver Nebeneffekt erzielt – zusätzliche Steuereinnahmen.

(…) jährlich entstehen Folgekosten in einer groben Größenordnung von 13-19 Prozent des deutschen BIP, schlüsseln die Expertinnen und Experten das Ausmaß externer Kosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden in Deutschland. Sie kommen auf einen ersten Schätzkorridor von 455 bis 671 Milliarden Euro. Durch eine konsequent auf Umweltschäden ausgerichtete Besteuerung könnte der Staat 44-71 Prozent des gesamten heutigen Steueraufkommens zusätzlich mobilisieren. Und hätte damit viel Handlungsspielraum, um durch Steuersenkungen an anderer Stelle, direkte Rückerstattungen oder gezielte Transfers für eine sozial gerechte Steuerreform auszugestalten, so die Fachleute von Klimaforschungs- über Wirtschaftsinstituten bis hin zu Universitäten.“ (2)

Dass es derartige Berechnungen für Luxemburg immer noch nicht gibt, ist ein politisches Versagen erster Güte. Denn die Situation dürfte sich in Luxemburg ähnlich darstellen.

Wer sich eine effiziente, mehrjährig angelegte Verwaltung des Staatshaushaltes genauso wünscht, wie ein Angehen der ökologischen Krise sowie mehr soziale Gerechtigkeit, der/die müsste doch gerade in Krisenzeiten verhindern, dass Gelder der Allgemeinheit verschwendet und der Umweltverbrauch geradezu „subventioniert“ wird.

Das Argument des fehlenden Geldes für eine nachhaltige Steuerreform: ein Trugschluss

Vorgeschoben wird von Regierungsseite zudem, es fehle aufgrund der Krisen an den nötigen Finanzmitteln zur Durchführung einer umweltbezogenen und sozial gerechten Steuerreform.

Mit Verlaub: es dürfte doch klar sein, dass Umweltsteuern aufkommensneutral gestaltet werden sollen oder gar mit Mehreinnahmen / Einsparungen verbunden sind. Grundprinzip muss sein: die eingenommenen Gelder gilt es gezielt vor allem an finanzschwächere Haushalte rückzuerstatten. Diese müssen die Gewinner einer derartigen Reform sein. Weitere Gelder sollten in den Ausbau von innovativen Alternativen zu den besteuerten Produkten / Prozessen investiert werden, so dass alle Bürger:innen und die Gesellschaft als solche in den Genuss dieser Leistungen kommen können. Es werden sogar Gelder eingespart, da weniger Finanzmittel für die Beseitigung der oben angeführten negativen Folgekosten investiert werden müssen.

Wenn demnach die Integration ökologischer Kriterien in die Steuerreform immer wieder ausgesetzt wird, liegt es nicht daran, dass diese den Staat mehr kosten würde.

Gleiches gilt im Übrigen auch für die soziale Frage: (stärkere) Besteuerung von Kapital, von Spekulation, Vermögenssteuer … All jene Steuern stehen für mehr soziale Gerechtigkeit, wären mit Mehreinnahmen verbunden, die für eine so dringend notwendige sozial selektive Steuerreformen zur Verfügung stünden. Und nicht zuletzt könnten sie einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung des Sozialsystems leisten.

Wer weiß, dass eine Transition hin zur Kreislaufwirtschaft, zur Energieeffizienz und anderen zukunftsweisenden Wegen u.a. auch von einer Preiswahrheit abhängt, der müsste die kurzfristige Einführung einer nachhaltigen Steuerreform herbei fordern. Belasten, was man nicht will – entlasten was gefördert werden soll, so die immer noch so gültige Binsenweisheit im Rahmen einer Steuerreform.

Ohne nachhaltige Steuerreform – keine soziale Gerechtigkeit

Dass die fehlende Besteuerung von Umweltverbrauch / -schäden nicht nur aus ökologischer Sicht nicht länger tragbar ist, sondern fundamental sozial ungerecht ist, liegt – wie bereits angeführt – zudem auf der Hand.
Personen mit hohem Einkommen verbrauchen darüber hinaus weitaus mehr Ressourcen und stoßen mehr CO2 aus. Es sind aber die einkommensschwächeren Haushalte, die die aus dem Verhalten des reicheren Teils der Bevölkerung entstehenden Folgekosten für die Allgemeinheit mit finanzieren müssen. Gelder, die zweifellos an anderer Stelle fehlen!

Eigentlich müsste seit Jahren deshalb auch seitens der sozialen Kräfte ein Aufschrei gegen diese Ungerechtigkeiten erfolgen!

In einer Studie vom „Forum für Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ im Auftrag des Mouvement Ecologique aus dem Jahre 2016 wird angeführt, in Luxemburg würde jeder Dienstwagen im Schnitt mit jährlich 1.992€ subventioniert. Die direkten Steuerausfälle in Luxemburg aufgrund der steuerlichen Begünstigung werden mit 200 Millionen Euro angeführt. Wem nutzt diese Form der steuerlichen Bevorteilung? Wohl kaum den finanzschwächeren Haushalten…. Aber finanziert wird sie trotzdem auch von diesen.

Oder aber: Phasenweise wird moniert, biologische Lebensmittel seien gegenüber konventionellen zu teuer, nicht „jeder könne sich diese leisten“. Losgelöst davon, ob diese Aussagen stimmen: Ist es normal, dass die Allgemeinheit die Kosten für eine fehlgeleitete Agrarpolitik übernehmen muss (Folgekosten für die Aufbereitung des Trinkwassers, den Verlust der Biodiversität u.a.m.), der Staat aber nicht bereit ist, den Biolandbau ausreichend zu fördern und die Belastungen, die durch verschiedene Praktiken der konventionellen Landwirtschaft entstehen (u.a. Pestizideinsatz) höher zu besteuern?

Luxemburg entscheidet, wo wir Vorreiter und in welchem Sektor wir Schlusslicht sind…

Luxemburg ist EU-weit Schlusslicht in der Besteuerung des Umweltverbrauchs. So stellen Umweltsteuern gemäß Eurostat im Jahre 2020 3,5% der Einnahmen gegenüber 5,4% im EU-Durchschnitt dar (die Einführung der CO2-Steuer dürfte an dieser Gewichtung kaum relevantes geändert haben). Diese Zahlen bestätigen etwas ältere Berechnungen. Gemäß der genannten Analyse von FÖS, stammten im Jahre 2014 lediglich 5,25% der staatlichen Einnahmen aus Umweltsteuern und lediglich 21,2% aus der Kapitalbesteuerung (diese befand sich auf einem historischen Tiefstand). Dabei wurde der Großteil der Steuerlast von den Haushalten getragen. Und zitiert sei zudem folgende zentrale Aussage aus der damaligen Analyse, die heute noch Gültigkeit haben dürfte:

„Die Steuerstruktur in Luxemburg verschiebt sich seit vielen Jahren: Die Faktoren Umwelt mit 5,3 und Kapital mit 21,2 Prozentpunkten tragen verhältnismäßig immer weniger zum Einkommen aus Steuern und Abgaben bei und befinden sich auf einem historischen Tiefststand – Tendenz weiter fallend. Die Belastung des Faktors Arbeit stieg seit dem Jahr 2000 von 43,2 auf 50,4 Prozent“ Schlussfolgerungen seitens der Autoren: Handlungsbedarf besteht auf vielen Ebenen. Der Staat lenkt derzeit “an vielen Stellen und auf unterschiedliche Weise in die verkehrte Richtung.“

Parallel ist Luxemburg das Land, das weltweit als zweites nach Katar den Overshoot Day bereits am 14. Februar des Jahres erreicht. Also zu diesem Zeitpunkt hat Luxemburg jene Ressourcen aufgebraucht, die ihm eigentlich für das ganze Jahr zur Verfügung stehen, wenn wir die natürlichen Grenzen des Planeten respektieren würden. Kommt hinzu: Luxemburg ist das zersiedelste Land Europas, ist nach wie vor Spitzenreiter in den CO2-Emissionen und der Biodiversitätsverlust geht rasant weiter. Gründe, warum handeln wichtig ist, gibt es demnach ausreichend. Die Frage, inwiefern man zudem von sozialer Gerechtigkeit sprechen kann, wenn unser Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell zweifellos einen Raubbau an den Menschen in den ärmeren Regionen darstellt, beantwortet sich dabei von selbst.

Sozial-ökologische Transition: eine gesellschaftliche Priorität!

Der Inaktivismus in Sachen Steuerreform steht im Widerspruch zu einem eigentlich recht breiten Konsens innerhalb der Gesellschaft, dass eine sozial-ökologische Transition notwendig ist. Eine Transition von einer ressourcenintensiven Wirtschaft hin zu einer ressourcenschonenden; von einem Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell mit hohen CO2-Emissionen zu einem klimaneutralen System usw. Und so manche:r plädiert ebenfalls dafür, dass das klassische Bruttosozialprodukt längst nicht mehr der Gradmesser des Wohlstandes in einem Land sein kann, sondern durch den „PIB-du-Bien être“ ersetzt werden müsse.

Zentral wäre es, für eine sozial gerechte Umverteilung des finanziellen Reichtums zu sorgen, statt für einen stetig wachsenden Kuchen zu plädieren. Unendliches Wachstum ist nun mal auf einem begrenzten Planeten nicht machbar.

Fast immer, wenn eine aktuelle politische Entscheidung ansteht, wird diese Transition jedoch verschoben oder genau das Gegenteil gemacht. Zu festgefahren sind die alten Denkmuster. Wie sonst ist es zu erklären, dass Luxemburg einen pauschalen Energiepreisdeckel beschlossen hat? Damit setzt Luxemburg sowohl den reellen (noch immer zu niedrigen) Marktpreis bewusst politisch außer Kraft und bezuschusst geradezu den Energieverbrauch (unabhängig vom Verbrauch und der sozialen Situation der Haushalte!).

Ein differenzierterer Weg, bei dem die Deckelung an einen maximalen Verbrauch sowie an soziale Kriterien gebunden gewesen wäre, sei – so das Regierungsargument – kurzfristig nicht umsetzbar gewesen. Deshalb wäre das Modell einer staatlich „bezuschussten“ Grundversorgung für finanziell benachteiligte Haushalte und einer „reellen“ an den Verbrauch gebundenen Hilfe nicht möglich gewesen… so das offizielle Argument.

Die schnelle technische Machbarkeit einer sozial und ökologisch austarierten Vorgehensweise mag dabei sicherlich ein Problem gewesen sein. Sie dürfte aber mit der notwendigen Entschiedenheit in einem überschaubaren Zeitrahmen überwindbar sein. Jedoch: es fehlte und fehlt noch immer an einer klaren Aussage der Sozialpartner, das Modell wäre aber eigentlich zu bevorzugen gewesen und es würde daran gearbeitet es schnellstmöglich anzugehen!

Strittige Themen endlich konstruktiv angehen!

Und die Spatzen pfeifen es von den Dächern: bei weitem nicht nur die fehlende technische Machbarkeit verhinderte eine sozial selektivere und ökologisch ausgerichtete Entscheidung in Sachen Energiepreise. Mindestens zwei weitere Aspekte waren zudem maßgeblich.

Einerseits steht immer wieder die leidige Frage im Raum, ab wann eine soziale Selektivität gelten soll. Es ist jedem klar, dass eine Klärung dieser Frage überfällig ist. Kein Weg führt daran vorbei, endlich Hilfestellungen, Subventionen, Anreize selektiv an finanzschwächere Bevölkerungskreise auszuzahlen und nicht (weiter) nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen. Gerade finanzschwächere Haushalte müssen in der Transition „mitgenommen“ werden.

Andererseits führte zweifellos das heutige Modell des Indexsystems zu dieser sozial undifferenzierten und ökologisch verheerenden Entscheidung.

Das Indexsystem ist eine zentrale soziale Errungenschaft und übernimmt eine sehr wichtige Funktion zur Schaffung des „sozialen Friedens“, so der breite gesellschaftliche Konsens. Es geht demnach nicht darum, es grundsätzlich infrage zu stellen. Aber in einem Beitrag wie diesem muss es gestattet sein, aus persönlicher Sicht zu thematisieren, dass die derzeitigen Modalitäten des Index-Systems einer nachhaltigen Steuerreform im Wege stehen. Wer ein ökologischeres und ein sozial gerechteres Steuersystem will, der muss diesen Punkt endlich offen thematisieren und eine ehrliche Lösung suchen.

Denn das Prinzip der Steuerreform aus ökologischer Sicht liegt doch gerade darin, eine gewisse Preiswahrheit herzustellen und derart bestimmte Produkte / Verhaltensweisen zu verteuern und weniger attraktiv zu gestalten…. um auf anderer Ebene im sozialen Bereich für Entlastungen zu sorgen.

Es muss geklärt werden, wie sich diese Verteuerungen im Indexsystem widerspiegeln sollen oder nicht, gerade wenn sie mit gezielten Rückerstattungen im sozialen Bereich verbunden sind.

Das Ausklammern der Ökosteuern aus dem Indexierungssystem, Reformen in der Berechnung des Warenkorbs werden aber grundsätzlich von so manchem abgelehnt, es dürfte – so der Duktus – keinen „moralischen“ Index geben. Wobei es den Gewerkschaften anzurechnen ist, dass sie bei der CO2-Steuer einer wichtigen Ausnahme zustimmten (dabei ist diese derzeit aber weitaus zu gering und ihre Fortentwicklung steht in den Sternen).

Die Klärung der Frage, wie Umweltsteuern eingeführt werden können, die sozial gerecht sind und nicht am Indexsystem scheitern, darf von niemandem mehr hinausgezögert werden. Weder von Regierungs- noch von Gewerkschafts- oder Patronatsseite. Wer nicht bereit ist, aufgrund der heutigen Krisen darüber zu diskutieren, wie ein heutiges Instrument im Sinne einer nachhaltigen Transition reformiert werden kann, der darf sich nicht auf die Fahne schreiben, er stünde für Klimaschutz. Gebraucht wird eine offene, ggf. kontroverse Diskussion, im Rahmen derer gemeinsam nach Wegen gesucht wird.

Eis Gesellschaft nei denken

Der Klima- und der Biodiversitätsschutz sind heute Fragen des Überlebens auf unserem Planeten. Eine nachhaltige Steuerreform ist nur ein, aber ein sehr wesentliches Reformelement, um die Zuspitzung dieser Katastrophen zu begrenzen! Es besteht ein äußerst breiter Konsens zwischen Wissenschaftler:innen und auch in klassischen Wirtschaftskreisen, dass die Transition ohne Preiswahrheit nicht gelingen wird. Aber eine Preiswahrheit als Lenkungselement ist, neben den Sektoren in denen Verbote sinnvoller sind, unerlässlich. Dies, zumal da sie einhergeht mit mehr sozialer Gerechtigkeit.

Ökologie und Soziales sind zwei Seiten einer Medaille. Die ökologische Transition und ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit haben beide nur dann eine Chance, wenn sie gemeinsam angegangen werden. Das heißt aber auch, dass sie angegangen werden müssen.

Zugegeben, der Zwischentitel „Eis Gesellschaft nei denken“ ist etwas hochtrabend, wenn es um ein doch vordergründig technisches Instrument wie eine nachhaltige Steuerreform geht. Und doch: so falsch ist es nicht.

Eine nachhaltige Steuerreform würde deshalb, indem endlich die reelle(re)n Preise für Güter / Produktionen beziffert werden sollen, ein reelleres Spiegelbild dafür sein, welche gesellschaftlichen Prioritäten und Werte es in unserer Gesellschaft gibt. Dass bestimmte Formen nicht mehr erwünscht sind – nicht mehr von der Allgemeinheit bezuschusst werden!

Ja, eine nachhaltige Steuerreform ist bei Weitem nicht nur eine finanzielle oder technische Entscheidung. Sie steht für grundlegende Überlegungen über Werte in der Gesellschaft und darüber, welcher politische Ordnungsrahmen erwünscht ist (oder nicht) und welche Marktmechanismen seitens des Staates korrigiert und eingesetzt werden sollen.

In Zeiten der Klima- und der Biodiversitätskrise, die nicht nur eine ökologische ist, sondern immer mehr die Ausmaße einer sozialen und wirtschaftlichen Katastrophe annimmt, stellen sich mehr und mehr u.a. folgende Fragen:

  • Kann es sich unsere Gesellschaft noch leisten, den Verbrauch von Ressourcen geradezu finanziell zu bezuschussen?
  • Muss nicht endlich der Anspruch der sozialen Selektivität mit Leben gefüllt werden? Gilt es nicht Prioritäten auf eine sozial gerechte Umverteilung zu legen?
  • Sollte die soziale und ökologische Gerechtigkeitsfrage nicht endlich von den gesellschaftlichen Kräften miteinander in einem offenen Dialog gedacht werden?
  • Ist nicht auch eine ehrliche Debatte darüber überfällig, dass stetes materielles Wachstum verheerende ökologische Folgen hat, augenscheinlich nicht mehr zum Wohlbefinden der Menschen im Allgemeinen beiträgt und soziale Gerechtigkeit (auch weltweit) über eine konsequente Umverteilung erfolgen muss.

  1. E modernen Tram fir Lëtzebuerg, Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der technischen Universität Wien im Auftrag des Mouvement Ecologique, der Stiftung Oekofonds sowie der tram asbl.
  2. Umweltsteuern können hunderte Milliarden Euro mobilisieren – und damit Haushalte an anderer Stelle entlasten, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung